Press Releases  ·  21 | 06 | 2017

Pardo d’onore Manor für Jean-Marie Straub

Jean-Marie Straub

Content language:

EN

IT

DE

FR

Jean-Marie Straub wird am Freitag, 11. August im Rahmen der 70. Ausgabe des Locarno Festivals mit dem Pardo d’onore Manor ausgezeichnet. Der Regisseur ist international bekannt für seine filmische Rigorosität und die grosse Aussagekraft seiner Werke. Generationen von Regisseuren und Zuschauern haben sich von ihm als wegweisenden Autor inspirieren lassen.

Jean-Marie Straub, geboren 1933, hat während seiner 60-jährigen Karriere Filmgeschichte geschrieben. Er kam in Frankreich zur Welt und lebte zuerst in Deutschland und Italien, bevor es ihn in die Schweiz zog, wo er heute wohnt. Seine Karriere beschritt er gemeinsam mit seiner Lebens- und Arbeitsgefährtin Danièle Huillet (1936 – 2006) und siedelte seine Werke in drei Schweizer Sprachregionen an. Seine beruflichen Anfänge bestritt er als Assistent an den Sets von Jean Renoir und Robert Bresson. Gemeinsam mit Huillet prägte er massgeblich den Film des 20. Jahrhunderts. Indem er die Wirklichkeit und ihre Darstellung ins Zentrum seines Werks rückte, um sie getreu zu reflektieren und zu kommunizieren, schuf er ein radikales Kino, gekennzeichnet von stilistischer Strenge, entschlackt von jeglichem Überfluss, um dem Wesentlichen Platz zu machen. Oft setzte er in seinen Werken Laiendarstellerinnen und -darsteller ein, die für ihn eine ideale Leinwand für den direkten Zugang zum Text verkörpern. Die Filme von Straub und Huillet sind anti-spektakulär und zutiefst politisch, ohne jedoch propagandistische Fahnen zu schwingen.

Nach Straub und Huillets Debüt mit dem armeekritischen Kurzfilm Machorka-Muff im Jahre 1963 folgte ihr erster gemeinsamer Langspielfilm. Chronik der Anna Magdalena Bach (1967), wurde zum Wegbereiter für den Stil der beiden, stehen sie doch für ein Kino, das buchstäblich die siebte Kunst darstellt. Die Werke des Künstlerpaares stehen oft «im Dienste» der Literatur, des Theaters, der Musik und der Malerei und sind kraftvolle Neuinterpretationen von grossen Meistern der Kunst wie Johann Sebastian Bach, Kafka, Mallaré, Pavese, Brecht, Engels, Cézanne, D.W. Griffith und vielen anderen, die einer rigorosen Ethik des Blickes verpflichtet sind. Ihr Film Les yeux ne veulent pas en tout temps se fermer, ou Peut-être qu'un jour Rome se permettra de choisir à son tour aus dem Jahre 1970 feierte die Verfremdung des Schauspiels, wobei die Fiktion so nah wie möglich an die Wirklichkeit gebunden und jede Art der Interpretation und der Zweideutigkeit abgelehnt wird.

Straub war und ist mit dem Locarno Festival eng verbunden und schenkte dem Festivalpublikum gleich mehrere seiner Filme. Zu den wichtigsten Werken seiner langen Karriere, die am Festival präsentiert wurden, zählen sein erster Spielfilm Chronik der Anna Magdalena Bach, der 1968 zum Hauptprogramm gehörte; Antigone, der 1992 auf der Piazza Grande gezeigt wurde oder Kommunisten, der 2014 in der Sektion Fuori Concorso lief.

Carlo Chatrian, künstlerischer Leiter des Locarno Festivals, meint: «Es ist eine besondere Ehre, das Werk und die Persönlichkeit Jean-Marie Straubs anlässlich der 70. Ausgabe des Festivals auszeichnen zu dürfen. Nicht nur wegen der engen Beziehung von Straub und Huillet zum Locarno Festival, sondern vor allem, weil ihre Werke untrennbar mit der modernen Filmgeschichte verbunden sind und noch immer einen unbestreitbaren Einfluss auf viele Regisseurinnen und Regisseure ausüben. Oft werden ihre Werke mit dem Begriff «Strenge» beschrieben, doch beim näheren Betrachten ihrer Filme wird klar, wie viel Freiheit in jeder einzelnen Szene steckt. Gerade diese Freiheit hätte der ‘digitale’ Film heute dringend nötig. Die Filme von Straub und Huillet haben uns viel zu sagen. Vielleicht wurden die Retrospektiven die 2016 im MoMA von New York, im Centre Georges Pompidou und im Museo Reina Sofia in Madrid gezeigt wurden, gerade deshalb zu solch grossen Erfolgen. Ich bin sehr stolz darauf, dass Jean-Marie Straub in Locarno anwesend ist, und ich bin überzeugt, dass ihm das Publikum Ehre zollen wird, die grossen Regisseuren gebührt.“

Zu den früheren Preistägerinnen und Preisträgern des Pardo d’onore gehören Samuel Fuller, Jean-Luc Godard, Ken Loach, Sydney Pollack, William Friedkin, Jia Zhangke, Alain Tanner, Werner Herzog, Agnès Varda, Michael Cimino, Marco Bellocchio und 2016 Alejandro Jodorowsky. Ab der diesjährigen Festivalausgabe wird der Pardo d’onore von Manor unterstützt.

Jean-Marie Straub wird den Pardo d’onore Manor am Freitag, 11. August auf der Piazza Grande entgegennehmen.

Die 70. Ausgabe des Locarno Festivals findet vom 2. bis 12. August 2017 statt.

www.pardo.ch 

 

Support the festival now with a donation