Press Releases  ·  23 | 01 | 2020

Die 73. Ausgabe des Locarno Film Festivals: Erste Ankündigungen

Kinuyo Tanaka in Narayama bushiko, by Keisuke Kinoshita (1958)

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Am heutigen 23. Januar wurden im Rahmen der Solothurner Filmtage erste Informationen zur 73. Ausgabe des Locarno Film Festivals bekanntgegeben: Die diesjährige Retrospektive ist erstmals einer Regisseurin und Schauspielerin gewidmet, der Japanerin Kinuyo Tanaka, “einem der bestgehüteten Geheimnisse” in der Geschichte des japanischen Kinos. Es beginnt die neue Zusammenarbeit mit SWISS FILMS. Schliesslich wurde auch das offizielle Poster der Ausgabe 2020 präsentiert.

Kinuyo Tanaka, Schauspielerin und Regisseurin
Die Retrospektive der 73. Ausgabe des Locarno Film Festivals (5.–15. August 2020) ist zum ersten Mal einer weiblichen Filmkünstlerin gewidmet, der Regisseurin und Schauspielerin Kinuyo Tanaka (1909 –1977). Die Vorführung ihrer Gesamtwerks als Regisseurin und einer Auswahl der über 250 Filme, an denen sie als Darstellerin mitgewirkt hat, versuchen Licht in “eines der bestgehüteten Geheimnisse” in der Geschichte des japanischen Kinos bringen: den neu zu entdeckenden künstlerischen Blick einer Diva, deren Wirkungszeit mehr als fünfzig Jahre japanischer Geschichte umspannt, die mit den Grossmeistern des Goldenen Zeitalters im japanischen Kino zusammengearbeitet und selbst den neuen Blick einer weiblichen Cineastin eingebracht hat.

Lili Hinstin, künstlerische Leiterin des Locarno Film Festivals: “Zum ersten Mal in 73 Jahren widmet das Festival seine Retrospektive der Arbeit einer Regisseurin. Das ist zweifellos ein Zeichen dafür, dass sich in den letzten zwei Jahren viel im kollektiven Bewusstsein getan hat – die Frage der Teilhabe von Frauen ist inzwischen ein wirtschaftlicher und kultureller Wert –, vor allem aber wirft es die Frage auf, warum ein derart originelles und spannendes Werk wie das von Tanaka bisher so wenig gezeigt und ins Rampenlicht gebracht wurde. Wir wollen uns auf Grundlage der sechs Filme, die Kinuyo Tanaka als Regisseurin gedreht hat, tiefer auf die Erfahrung eines anderen Blicks einlassen, sei dieser nun weiblich, feministisch oder schlichtweg persönlich.”

Kinuyo Tanaka war bereits in jungen Jahren eine in Japan sehr populäre Schauspielerin, die es in ihren Rollen vermochte, die Entwicklung der Gesellschaft und der Situation der Frau von den 20er Jahren bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts darzustellen. Zunächst stand sie bei der Produktionsgesellschaft Shochiku unter Vertrag – einem der grössten japanischen Studios, dessen Aktivitäten im Bereich Film just in diesem Jahr ihr hundertjähriges Jubiläum feiern – und arbeitete mit den berühmtesten “modernen” Regisseuren zusammen, darunter Heinosuke Gosho, Yasujiro Ozu und Hiroshi Shimizu. Später, in der Nachkriegszeit und den 50er Jahren, prägte sie mit ihrem aussergewöhnlichen Präsenz einige der wichtigsten Werke der Regisseure des Goldenen Zeitalters im japanischen Kino. Zu nennen sind hier Keisuke Kinoshita, Mikio Naruse, Kaneto Shindo und wiederum Ozu, vor allem jedoch Kenji Mizoguchi, mit dem sie insgesamt fünfzehn Filme drehte, eine faszinierende künstlerische Zusammenarbeit, die ihren Höhepunkt in dem Meisterwerk Saikaku ichidai onna (The Life of Oharu, 1952) finden sollte. In dieser Phase beschloss die Darstellerin auch, sich künstlerisch unabhängig zu machen, und wurde neben ihren schauspielerischen Arbeiten als Regisseurin für diverse Studios tätig. Als wahre Pionierin der siebten Kunst – sie war erst die zweite Frau, die in Japan einen Film drehte – entwickelte sie ihre Laufbahn in eine vergleichbare Richtung wie Ida Lupino, die Hollywood-Schauspielerin, die sich zur selben Zeit als Regisseurin etablierte. Anders als in ihrem Fall ist das Werk von Tanaka, die in sechs eigenen Filmen ein innovatives Bild von der Situation und Rolle der Frau in den gesellschaftlichen Veränderungen des modernen Japan zeichnet, noch immer wiederzuentdecken. Die Retrospektive zielt also darauf ab, die erstaunliche und passionierte Arbeit Tanakas als Schauspielerin und Cineastin zu zeigen und ihre Entwicklung nachzuzeichnen, vom Stummfilm bis zum “golden age”. Dabei stehen grosse Klassiker neben seltenen, wenig gesehenen Filmen, die einen so persönlichen wie bahnbrechenden Blick offenbaren.

Roberto Turigliatto, Kurator der Retrospektive des Locarno Film Festivals, fügt hinzu: “In Anknüpfung an die bisherigen Retrospektiven, die sich Japan zuwandten, von Akira Kurosawa (1957), Yasujiro Ozu (1979), Mikio Naruse (1983), Keisuke Kinoshita (1986) bis zum Universum des Manga (2009), geht das Locarno Film Festival auf eine weitere Entdeckungsreise durch eines der vielfältigsten und faszinierendsten Filmländer überhaupt.”

Organisiert wird die Retrospektive vom Locarno Film Festival in Zusammenarbeit mit der Cinémathèque suisse, der Japan Foundation, dem National Film Archive of Japan, Shochiku Co., Ltd. und TOHO Co., Ltd. In das Projekt sind weitere renommierte Institutionen in der Schweiz und im Ausland eingebunden, dank deren Engagement die Retrospektive bis ins Jahr 2021 an weiteren Orten zu sehen sein wird. Zu den bereits bestätigten Institutionen zählen: das Arsenal – Institut für Film und Videokunst, Berlin; die Cinémathèque française; die Cinémathèque suisse; die Cineteca Madrid; das EYE Filmmuseum Amsterdam; das Filmpodium Zürich; das Film at Lincoln Center New York; das Festival I Mille Occhi, Triest; die National Gallery of Art, Washington zusammen mit der Freer Gallery of Art and Arthur M. Sackler Gallery, Smithsonian's National Museum of Asian Art sowie das Rex Bern.

SWISS FILMS Previews auf dem 73. Locarno Film Festival
Das Locarno Film Festival freut sich, erstmals das SWISS FILMS Previews begrüssen zu dürfen. Während der Tage von Locarno Pro (6.– 11. August) wird SWISS FILMS den Vertretern der internationalen und schweizerischen Filmindustrie, die an dem Event teilnehmen, eine Auswahl von Schweizer work-in-progress vorstellen. So erhalten diese einen Überblick über die interessantesten Projekte, die zurzeit bei uns realisiert werden. Die Produzenten der Filme können Ausschnitte oder Trailer ihrer Arbeiten präsentieren und so mit Branchenvertretern aus aller Welt in Kontakt kommen, um etwaige Kooperationen anzustossen und die Aufmerksamkeit für das Schweizer Kino anzufachen.

Die Worte im Zentrum des Posters der 73. Ausgabe des Locarno Film Festivals
Ebenfalls aus Anlass der 73. Ausgabe des Locarno Film Festivals wurde das Studio Jannuzzi und Smith damit betraut, ein neues Posterbild zu entwerfen, das auf den Festivalpostern erscheinen wird. Protagonist sind in diesem Jahr die Worte. Der Schöpfer des Bildes, Michele Jannuzzi, erläutert sein Konzept wie folgt: “Jeder Film enthält Worte, die nur für wenige Sekunden existieren. Von Schauspielerinnen und Schauspielern vorgetragene Worte; beiläufig erscheinende Schriftzüge auf Häuserwänden, an Strassen oder auf dem T-Shirt einer Komparsin; Titel, Untertitel, der Abspann. Die Summe dieser Worte stellt einen einzigartigen Code dar, der die Identität des jeweiligen Werks ausmacht. Von 1946 bis heute hat auch das Locarno Film Festival ein eigenes riesiges Wörterbuch in mehreren Sprachen erstellt.” Deshalb bilden Buchstaben den Hintergrund, vor dem sich der stets gegenwärtige Leopard abhebt: “Auf dem Poster der 73. Ausgabe verwenden wir die Titel der Filme, die bei den bisherigen Ausgaben des Festivals gezeigt wurden, um eine typografische Spur zu legen: So entsteht wie durch Zauberhand der traditionelle gelb-schwarze Leopard – die Identität des Locarno Film Festivals.” Das Posterbild ist unter dem folgenden Link zu finden.

Die 73. Ausgabe des Locarno Film Festivals findet vom 5.–15. August 2020 statt.

 

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