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Es ist eine ausserordentliche Begebenheit: Die ganze Welt macht gerade eine gemeinschaftliche Erfahrung. Jenseits der Tragödien und des Leidens vieler Menschen offenbart sich uns eine globale Welt. Eine Welt, deren Mittelpunkt wir geworden sind und an der wir in unseren vier Wänden teilhaben, dank unserem Computer, dank unseren Mobiltelefonen.
Kino vermittelt die Welt durch Bild und Ton und Fachpersonen wie wir, die sich diese Vermittlung zum Beruf gemacht haben, waren vielleicht etwas besser auf einen solchen Moment vorbereitet. Aber wir alle machen eine neue Erfahrung, erleben eine Hinwendung zu uns selbst, eine veränderte Zeit, eine nachdenklichere Zeit, eine Zeit der sozialen Entschleunigung.
Es ist eine Zeit der grossen Fragen und eine Gelegenheit, das Festival zu überdenken und sich zu vergegenwärtigen, worin eigentlich seine wirkliche Aufgabe besteht, was sein eigentliches Wesen ist. Die erste Antwort ist, dass wir die Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke verteidigen, unterstützten und begleiten wollen. Es ist unsere Aufgabe, dem Publikum mit unserer Filmauswahl eine vergängliche Kartografie der Welt und ihrer ästhetischen Hypothesen zu zeigen. Die ganze komplexe Maschinerie des Festivals mit seinen Partnern und Sponsoren trägt dazu bei, diese Weltkarte mit ihren vielen möglichen Verbindungslinien zu zeichnen.
Weiter haben wir in dieser schweren Gesundheitskrise, von der niemand sagen kann, wann sie zu Ende geht (mir ist fast, als würde ich das Tagebuch eines Protagonisten von Philip K. Dick schreiben), gemeinsam mit der Auswahlkommission zwei Hauptkriterien festgelegt: Verantwortung und Solidarität.
Zum einen wollen wir als Zeichen der Verantwortung weitgehend auf ein physisches Festival verzichten, allen voran auf die symbolträchtige Piazza Grande, dem Aushängeschild von Locarno (einem der wenigen Festivals dieser Grösse, wo man beinahe sicher sein kann, noch einen Platz zum Filmeschauen zu finden), und auch auf die verschiedenen Wettbewerbe für Langfilme. Zudem schien es uns, dass Autorenfilme mitten im Sommer, wenn es die Menschen nach monatelanger Isolation wieder hinauszieht, auf dem kleinen Bildschirm nur schwer ihr Publikum finden würden. Deshalb haben wir beschlossen, einen Teil der Preisgelder in Projekte zu investieren und die Initiative The Films After Tomorrow auf die Beine gestellt, an der sich verschiedene Partner mit finanziellen Beiträgen zwischen 30'000 und 70'000 Franken beteiligen. Mit diesem Geld werden Filme unterstützt, deren Produktion durch die Covid-19-Massnahmen unterbrochen werden musste oder gefährdet ist.
Ausserdem wollten wir auch an jene denken, die am anderen Ende der Wertschöpfungskette stehen und besonders hart von der Krise getroffen wurden: die Kinos. Wir haben deshalb auf unserer Webseite eine Spendenaktion eingerichtet, die allen ermöglicht, mit ihrem Streaming einen Beitrag für die unabhängigen Kinos der Schweiz zu leisten.
So blickt diese «verhinderte» Ausgabe nach vorn und leistet einen konkreten Beitrag an die Filmproduktion der Zukunft und unterstützt die unabhängigen Kinos, die dem Publikum Autorenfilme anbieten. Diese besondere Festivalausgabe richtet ihr Augenmerk ausserdem auf zwei Sektionen des Locarno Film Festivals, die schon immer für die Zukunft der siebten Kunst standen: Zum einen die Pardi di domani, eine Selektion von Kurzfilmen von Jungtalenten, die sich noch nicht an Langfilme herangewagt haben, zum anderen die Sektion Open Doors, die heuer ihren 18. Geburtstag feiert, und sich für das Filmschaffen in Ländern des globalen Südens und Ostens interessiert, die früher oder später zu wichtigen Playern auf dem Weltmarkt werden. Schliesslich hat diese neuartige, hybride Ausgabe mit einem physischen und einem digitalen Teil einen Stein ins Rollen gebracht, der uns zwingt darüber nachzudenken, wie die Inhalte in den kommenden Jahren angeboten werden sollen.
Kürzlich hat mir jemand gesagt, dass diese Ausgabe des Festivals als «Sammler-Edition» bezeichnet werden könnte. Eine Sonderausgabe ist sie allemal, ein Blick auf das Licht, wie der Mann im Film Invasión von Hugo Santiago, der aus dem Schatten tritt. Dieser Film versinnbildlicht sehr gut unser Programm und unsere diesjährige Ausgabe, die - wie übrigens alle anderen davor - ganz mit der Zeit geht.
Englische und Italienische Übersetzungen der Website sind hier verfügbar.